25.08.2022

Wahlprüfstein "Infrastruktur"

Die Straßenausbaubeiträge werden in der aktuellen Form (auch mit der Einführung der wiederkehrenden Beiträge) oft als ungerecht angesehen. Bis auf eine Gemeinde hat keine in Niedersachsen das neue Modell eingeführt. 50% der Gemeinden haben bereits keine Ausbaubeiträge mehr. Welche Gestaltungsmöglichkeiten zur zukünftigen Finanzierung der Unterhaltung und Sanierung der kommunalen Straßen wären denkbar? Sollen die Straßenausbaubeiträge landesweit abgeschafft werden?

SPD:

Seit 2017 wurden drei Gesetzesänderungen durch den Landtag vorgenommen, mit dem Ziel die Erhebung zu flexibilisieren und soziale Härtefälle abzumildern. Die Entscheidung, eine Straßenausbaubeitragssatzung einzuführen oder abzuschaffen, gehört zu den Selbstverwaltungsgarantien der Kommunen. Investitionen in die verkehrliche Infrastruktur sind eine wichtige Aufgabe der Gemeinden, Städte und Landkreise. Zur Abdeckung ihrer Investitionskosten können Kommunen Beiträge erheben, die durch Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen entstehen. Ob von diesem Gebrauch gemacht wird, sprich ob in einer Kommune Straßenausbaubeiträge erhoben werden, entscheiden die Räte vor Ort per Satzungsbeschluss. Mit der letzten Änderung im März 2022 haben wir den Rechtsrahmen dahingehend angepasst, dass Kommunen, unabhängig ihrer Kredit- und Kassenlage auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichten können. Allen Kommunen Niedersachsens ist es seitdem möglich, Kredite zur Finanzierung ihrer Straßenausbaumaßnahmen zu beantragen, ohne zwingend auf die vorherige Erhebung von Straßenausbaubeiträgen angewiesen zu sein.

Mit der Novelle des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG) im Jahr 2019 haben wir zudem eine Reihe von flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten für die Kommunen, unter Wahrung ihrer Selbstverwaltungsgarantie, vorgenommen, die geeignet sind, den Bürgerinnen und Bürgern die finanzielle Last aufgrund des Straßenausbaus zu erleichtern.

Mit der oftmals geforderten Abschaffung der Straßenausbaubeiträge würde das Land tief in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen und den Kommunen die Möglichkeit der unmittelbaren Gestaltung ihrer Verkehrsinfrastruktur vor Ort entziehen. In Niedersachsen sind rund 540 000 km Straße in kommunaler Hand, davon 450000 km in der Baulast der Städte und Gemeinden. Fast 80 % des über- und innerörtlichen Straßennetzes gehören den Kommunen.

Aus unserer Sicht sollte es weiterhin im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegen, die Instandhaltung der Straßeninfrastruktur als Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung anzusehen.

GRÜNE:

In unserer Partei gibt es wie in der Gesellschaft unterschiedliche Positionen zum Thema Straßenausbaubeiträgen. Für uns Grüne ist diese Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Kommunen ein hohes Gut. Es ist aus unserer Sicht Bestandteil kommunaler Demokratie, vor Ort selbst zu entscheiden wie der Straßenausbau finanziert werden soll. Statt Straßenausbaubeiträgen die Grundsteuern für alle Hausbesitzer zu erhöhen, wie es einige Kommunen nach Abschaffung der STRABS gemacht haben, kann auch nicht die Lösung sein. Die Kommunen haben die Möglichkeit die Beiträge entweder als einmalige Zahlung oder wiederkehrende Beiträge zu erheben. Außerdem können die Kommunen noch andere Maßnahmen beschließen, um Zahlungsprobleme zu mildern. Zum Beispiel können Sie entscheiden, nur einen reduzierten Anteil der beitragsfähigen Gesamtkosten einer Straßensanierung von den Anlieger*innen zu erheben oder die Möglichkeit einräumen, die zu zahlenden Gebühren über mehrere Jahre verteilt zu begleichen. Wir wollen sozialen Härten mindern und gleichzeitig eine ausgewogene und gerechte Regelung für die Finanzierung von Straßenerneuerungen ermöglichen. Deshalb werden wir die bestehenden Regelungen auswerten und ggf. nachsteuern. 

CDU:

Wir werden die Mittel für den Ausbau und die Sanierung von Gemeindestraßen deutlich und nachhaltig für alle Kommunen erhöhen, um auch den finanzschwächeren Kommunen die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zu ermöglichen.

FDP:

Ja. Mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wälzt der Staat eine öffentliche Aufgabe auf die Bürgerinnen und Bürger ab. Mit hohen Geldforderungen verbrauchen Kommunen die Altersvorsorge vieler Menschen und treiben diese in den finanziellen Ruin. Wir fordern die Abschaffung der gesetzlichen Möglichkeit, dass Kommunen eine Straßenausbaubeitragssatzung verabschieden können und fordern eine Kompensation der finanziellen Ausfälle durch das Land.

LINKE:

In unserem Landeswahlprogramm haben wir geschrieben, dass wir Straßenausbaubeiträge durch Landesgesetz ausschließen wollen.

Die Breitbandversorgung ist in vielen Kommunen noch ungenügend. Wie soll kurzfristig die Breitbandverbindung in der Kommune gewährleistet werden?

SPD

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur wird für die SPD auch in der nächsten Legislaturperiode höchste Priorität haben. Mit den seit 2018 eingesetzten Mitteln (ca. 435 Mio. EUR) ist es uns gelungen die Versorgung von Gebäuden mit Gigabitanschlüssen von 6 % auf heute rund 63 % zu verbessern und somit bundesweit einen Spitzenwert (Platz 3) verzeichnen zu können.

Schnelles Glasfaserinternet und eine flächendeckende Mobilfunkversorgung sind entscheidend für die Menschen und den Erfolg von Unternehmen und Kommunen. Mangelnde Wirtschaftlichkeit darf nicht mehr Ausrede für verpasste Infrastrukturwandelziele sein. Der Ausbau von Glasfasernetzen bis ins Haus bzw. in die Wohnung (FTTH) ist dabei von größter Bedeutung. Um die optimale Versorgung zu gewährleisten, wollen wir mit Kommunen und Anbietern ein Mapping mit konkreten Lösungen für Gebiete ohne realistische privatwirtschaftliche Ausbauperspektive erarbeiten. 

GRÜNE:

Ein flächendeckendes schnelles Internet gehört für uns zur allgemeinen Daseinsvorsorge. Daher wollen wir einen Rechtsanspruch auf schnelles Internet, finanziert durch eine Umlage der Internetdienstleister. Deswegen darf es nicht länger im ländlichen Raum große Bereiche ohne schnelles Internet geben: Ohne Zugang zum schnellen Netz drohen, Unternehmen oder auch Landwirtschaftsbetriebe, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, und werden abgehängt. Außerdem führt die damit häufig einhergehende fehlende Home-Office-Möglichkeit für die dort lebenden Menschen dazu, dass sie sich gezwungen sehen, vom Land in die Stadt zu ziehen. Das wollen wir ändern. Für uns muss ein guter Breitbandausbau Teil der Daseinsvorsorge werden - auch die letzten weißen Flecken wollen wir ans Netz bringen. In Niedersachsen müssen Land, Kommunen und Netzanbieter Hand in Hand arbeiten, um neue Modelle zum Ausbau und zur Sicherstellung einer angemessenen Breitband- und Mobilfunkversorgung auf den Weg zu bringen. Dazu wollen wir in Niedersachsen eine Landesnetzgesellschaft schaffen, die Kommunen dort unterstützt, wo durch Marktmechanismen kein ausreichender Netzausbau erreicht werden kann. Unser Ziel ist es, einen Glasfaseranschluss an jedes Haus zu bringen.

CDU:

Der Infrastrukturausbau der Breitband-, Mobilfunk- und WLAN-Versorgung bleibt nach wie vor ein zentrales Thema. Dazu passt der Entwurf des Wahlprogramms, demnach die Zuständigkeit der Digitalisierung in einem Ressort gebündelt werden soll. Das Zusammenwirken von europarechtlichen Rahmenbedingungen und der kommunalen Expertise vor Ort hat sich bewährt und soll fortgeführt werden.

FDP:

Wir wollen einen echten Breitband- und Mobilfunkpakt für die Fläche. Gemeinsam mit den TK-Anbietern und den Kommunen müssen die notwendigen Glasfaser-Ausbaukorridore für die grauen und weißen Flecken ermittelt werden. Unser Ziel ist es, möglichst schnell in jedem Gebäude einen Glasfaseranschluss (FTTB) zur Verfügung stellen zu können. Die Glasfaser-Ausbaukorridore werden durch Förderprogramme geschlossen und die Mobilfunkinfrastruktur mit Glasfaseranschluss gezielt errichtet – nutzbar für alle Anbieter, entweder durch Förderung oder als Eigenausbau. Bei der Genehmigung neuer Standorte wollen wir durch pauschalierte Standards und Maßnahmen zur Planungsbeschleunigung zügiger agieren. Darüber hinaus werden wir mit den Anbietern über regionale Roaming-Konzepte verhandeln, damit möglichst schnell der modernste Mobilfunkstandard für jeden flächig angeboten werden kann.

LINKE:

Wir haben festgestellt: Weder der Wohnort noch die finanzielle Situation der Einwohnerinnen und Einwohner dürfen zu einer digitalen Spaltung der niedersächsischen Gesellschaft führen. Wir fordern deshalb den Breitband-Ausbau in Stadt und Land in genossenschaftlicher und kommunaler Trägerschaft und die Sicherstellung von Netzneutralität durch entsprechende Bandbreiten und keine Volumen- und Geschwindigkeitsbegrenzungen, die mit höheren Kosten verbunden sind.

Da Niedersachsen ein Flächenland ist, kommt die Anbindung des ländlichen Raumes an den ÖPNV leider immer noch oftmals zu kurz. Welche Maßnahmen schlagen sie vor, damit dieses Problem gelöst wird?

SPD:

Ländliche Räume sind der Lebensmittelpunkt der Mehrheit der Menschen in Niedersachsen. Sie bieten Arbeitsplätze in fast allen Branchen, attraktive Wohnorte, kleinstädtische Versorgungsschwerpunkte und zahlreiche Kulturangebote, vor allem aber intakte Gemeinschaften –kurzum: Sie sind vielfältige Lebensräume für alle Bevölkerungsgruppen.

Der digitale Wandel und neue Arbeitsformen durch mehr Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten ermöglichen insbesondere in den ländlichen Räumen neue Perspektiven. Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land, in allen Teilen Niedersachsens. Dazu bedarf es auch verbesserter Angebote im gesamten ÖPNV (siehe Antwort zur Frage 1/Themenfeld Demografie). Die Landesförderprogramme zur Stärkung des ÖPNV werden wir fortführen. Allein in 2022 haben wir hierzu über 100 Mio. EUR zur Förderung von Bushaltestellen, der Herstellung barrierefreier Bahnsteige oder der Anschaffung emissionsarmer Omnibusse bereitgestellt.

Um die Verkehrswende weiter voranzutreiben, werden wir uns auch wieder intensiver für die Reaktivierung geeigneter Strecken und Haltestellen in Niedersachsen einsetzen. Wir starten direkt nach der Wahl eine Fortsetzung des erfolgreichen Reaktivierungsprogramms aus der Regierungsperiode 2013–2017.

GRÜNE:

Eine umfassende und vor allem faire, sozial gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Niedersachsen ist dann möglich, wenn alle Menschen unabhängig vom Alter, Wohnort, gesundheitlicher Verfassung und Einkommen uneingeschränkt und barrierefrei Zugang zu Mobilitätsangeboten haben, gerade auch in den ländlichen Regionen Niedersachsens. Aus diesem Grund brauchen wir Mobilitätsangebote für alle Menschen in Niedersachsen als verpflichtenden Grundsatz Niedersächsischer Verkehrspolitik. Für uns sind ökologische Verkehrsträger wie Bus und Bahn außerdem eine wichtige Stellschraube, um die seit Jahrzehnten hohen Emissionen im Verkehrsbereich endlich zu reduzieren. Aber nur wenn Bus und Bahn verlässlich sind und oft genug fahren, werden auf Dauer mehr Menschen auf den ÖPNV umsteigen. Dafür müssen und wollen wir die Infrastruktur und das Angebot in Niedersachsen massiv ausbauen. Unser Weg dorthin führt über eine Niedersächsische Mobilitätsgarantie, in die wir in der kommenden Legislaturperiode einsteigen werden. Das bedeutet, dass alle Orte in Niedersachsen von 5 Uhr früh bis Mitternacht werktags stündlich und an den Wochenenden und Feiertagen mindestens zweistündlich an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden werden. Das erreichen wir nicht alleine mit dem klassischen Linienbus; deshalb ist es gerade in einem Flächenland wie Niedersachsen wichtig, den traditionellen ÖPNV sinnvoll und angepasst mit anderen Mobilitätsangeboten zu ergänzen und zu verknüpfen. Dazu gehören Rufbussysteme ebenso wie Anrufsammeltaxis, Ride-Sharing-Modelle, Car-Sharing-Modelle im ländlichen Raum, die Verknüpfung des Fahrrades mit dem ÖPNV und nicht zuletzt die Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken und Haltestellen für den Personennahverkehr in Niedersachsen. Sowohl für Investitionen als auch für den Betrieb müssen Mittel auf Landes- und Bundesebene umverteilt und erhöht werden Mittel, die der Bund über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zur Verfügung stellt, müssen für Ausbau und Reaktivierung in Niedersachsen genutzt und abgerufen werden.

CDU:

Wir werden den Ausbau des ÖPNV und des SPNV weiter vorantreiben und die Angebote dazu weiter ausbauen. Eine besondere Rolle spielt dabei die verbund-und landkreisübergreifende Fahrplangestaltung. Viele Menschen nutzen tagtäglich den ÖPNV und sind darauf angewiesen. Die Fahrplangestaltung darf dabei nicht zu kurz gedacht werden und muss so weitausgearbeitet werden, dass der ländliche  Raum  und  mehrere  Landkreise mit eingebunden  werden. Darüber  hinaus  werden  wir ehemalige Bahnstrecken reaktivieren, um das Angebot des SPNV zu erweitern und dabei den ländlichen Raum stärker in den Fokus nehmen. 

FDP:

Der  ÖPNV  im  ländlichen  Raum  steckt  in  dem  Dilemma  langer  Fahrzeiten,  geringer  Nachfrage  und  Auslastung,  ausgedünnten  Angebots  und  eines  Attraktivitätsverlusts  wegen  hoher  Kosten.  Lange  Strecken  und  geringe Bevölkerungsdichte können nicht geändert werden. Das Internet,  Smartphones  und  Apps  sowie  Echtzeitortungsdaten  lassen  sich  aber   mit   neuen   Angeboten   wie   Smart-    und   Shared-/On-Demand-Mobility-Angeboten  mit  zukünftig  fahrerlosen  und  autonomen  Fahrzeugen verbinden. Um diese Herausforderungen und Möglichkeiten im ländlichen Raum zu verknüpfen, setzen wir auf vernetzte Projekte, die Möglichkeiten und Bedarfe zusammenführen, ausprobiert und bewertet werden.

LINKE:

Für die LINKE gilt: Infrastruktur und Kultur binden die Grundlage für eine hohe Lebensqualität auch abseits der urbanen Zentren. Wir wollen deshalb Busverbindungen bis auf die Dörfer, idealerweise stündlich, zumindest aber als Rufbus. Die Streckenverbindungen sollen die Gemeinden untereinander ebenso vernetzen wie die Verbindung zur nächsten Stadt. Wir brauchen ein dichteres ÖPNV-Netz. Busbahnhöfe und still gelegte Eisenbahnstrecken sind zu reaktivieren.


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