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Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Das ändert sich für Wohneigentümer

"Auf Wohneigentümer in Niedersachsen kommen Änderungen zu", sagt Autor und Fachanwalt Bernd Weise. Sie resultieren zum einen aus einer Frist des 2020 novellierten Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) und zum anderen aus dem aktuellen Gesetzentwurf, dessen vollständiger Name "Entwurf eines Gesetzes zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen" lautet (Stichworte: Virtuelle Versammlungen und Balkonkraftwerke). 

Die Änderungen im Einzelnen:

1. Anspruch auf zertifizierten Verwalter und Übergangsregelung für bestehende Verwaltungen

Seit dem 01.12.2023 können Wohnungseigentümer in Wohnungseigentümergemeinschaften mit einer Größe von neun oder mehr Sondereigentümern verlangen, dass ein von der IHK zertifizierter Verwalter bestellt wird. Verwaltungen, die für eine Gemeinschaft bereits seit dem 01.12.2020 als Verwalter tätig sind, gilt dieser Verwalter für diese Gemeinschaft bis zum 31.05.2024 als zertifizierter Verwalter.

In Gemeinschaften mit maximal acht Wohnungseigentümern, die einen Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt haben  und bei denen nur weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer einen zertifizierten Verwalter verlangt, darf der Wohnungseigentümer Verwalter bleiben, auch wenn er kein zertifizierter Verwalter ist. 

Nach der zugrunde liegenden Vorschrift (§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG) müssen diese drei Voraussetzungen kumulativ (gleichzeitig) vorliegen. Sie soll einerseits kleinen Gemeinschaften eine in der Regel kostengünstigere Verwaltung ermöglichen, gleichzeitig aber auch sicherstellen, dass der verwaltende Wohnungseigentümer noch ausreichend Vertrauen genießt. Sprechen sich zwei Drittel der Eigentümer für einen zertifizierten Verwalter aus, ist auch in diesen Kleinanlagen ein zertifizierter Verwalter zu bestellen.

2. Virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen

Der Entwurf der Bundesregierung für einen neuen Absatz 1a) in § 23 WEG lautet: "Die Wohnungseigentümer können mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerversammlung). Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung muss hinsichtlich der Teilnahme und Rechtsausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein."

Der Bundesrat lehnte diesen Entwurf in seiner Stellungnahme vom 24.11.2023 insoweit ab, als er für einen derartigen Beschluss Einstimmigkeit fordert. Dass die Möglichkeit zur virtuellen Versammlung kommt, ist damit klar. Abzuwarten bleibt, ob ein derartiger Beschluss der Einstimmigkeit bedarf oder ein 75-Prozent-Quorum ausreichend ist.

3. Anspruch auf Steckersolargeräte („Balkonkraftwerke“)

Der Gesetzesentwurf sieht vor, Steckersolargeräte, sogenannte Balkonkraftwerke, in die Liste der nach § 20 Abs. 2 WEG privilegierten baulichen Veränderungen, auf die Wohnungseigentümer einen Anspruch haben, aufzunehmen. Im Mietrecht soll in § 554 Abs. 1 BGB die Aufzählung der baulichen Maßnahmen, auf deren Gestattung Mieter einen Anspruch haben, entsprechend ergänzt werden. Da der Bundesrat hiermit mit dem Entwurf der Bundesregierung konform geht, wird diese Regelung mit aller heute zulässigen Gewissheit Gesetz werden. Wie bei allen nach § 20 Abs. 2 WEG privilegierten Maßnahmen kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine solche Maßnahme gestattet wird. 

Die Gestattung hat zwingend im Wege einer Beschlussfassung zu erfolgen, was im Zweifelsfall heißt, dass ein Wohnungseigentümer seinen Anspruch im Wege der Beschlussersetzungsklage durchsetzen muss, wenn ein entsprechender Beschluss nicht gefasst wird. Die Grenze findet der Anspruch, wenn durch die bauliche Maßnahme die Wohnanlage grundlegend umgestaltet oder ein Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt wird. Dabei ist der zweite Aspekt eine reine Einzelfallfrage, die sich am dem in der Rechtsprechung bereits erprobten Maßstab des § 14 WEG messen wird. Soweit es die grundlegende Umgestaltung der Anlage angeht, wird zu berücksichtigen sein, dass der Gesetzgeber mit der Aufnahme eines Anspruches auf Balkonkraftwerke eine gewisse Vorentscheidung getroffen hat, dass diese grundsätzlich nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung führen. Letztlich bleibt auch diese Wertung eine reine Einzelfallwertung.

Zwischenfazit: Die neuen Regelungen berücksichtigen die aktuellen Entwicklungen. Eigentümer sollten nie aus dem Blick verlieren, dass sie auf Dauer und im täglichen Umgang miteinander verbunden sind. Der beste Rechtsstreit ist der nicht geführte Rechtsstreit. Der Großteil einvernehmlicher Regelungen ist im Allgemeinen für alle Beteiligte besser, als die erstrittene Lösung. Wenn es zum Streit kommt, dürften die neuen Regelungen indes Klarheit in der Rechtsanwendung schaffen.

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